Mein erstes Mal - Dolomiten Marathon 2001 / 2006

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Maratona dles Dolomiti 2001
Marcus, Andreas und ich erreichen am Samstag gegen 17:00 die Pension Camoscio in Alta Badia. Wir beziehen unsere Zimmer und besichtigen den morgigen Aufstellplatz. Am Abend essen wir in einer recht teuren Pizzaria mit obendrein kleinen Portionen. Reingefallen, Pech gehabt! Wir gehen früh zu Bett. Die Nacht endet um 4:30, wir machen uns frisch und frühstücken ausgiebig. Müsli, belegte Brötchen, starker Kaffee und Orangensaft sollen die Grundlage für den vor uns liegenden Tag sein. Zum Glück haben wir am Abend alles vorbereitet, so können wir uns in Ruhe anziehen und den Reifendruck nochmals überprüfen. Leider regnet es, zwar nicht sehr stark, aber um einem die die Freude an der Tour zu nehmen reicht es allemal.

Marcus wartet schon ganz aufgeregt und ich muß meine Dehnübungen an den Startplatz verlegen. Nach 20 minütigem Warten im Regen starten wir in der 3. Startgruppe. Im Gedränge vor uns verliert einer den Halt und will sich an seinem Kollegen festhalten. Der fällt um und bricht sich dabei das Schaltauge ab. Das ist wohl wirklich Megapech! Ansonsten kann ich keine weiteren Ausfälle bemerken. Wir rollen im Regen Richtung Corvara (Profil) und meine Schuhe sind innen bereits naß. Marcus hat Überschuhe an, ich beneide ihn. Wir rollen locker weiter und biegen zum Passo Campalongo (Profil) ab. Oh Wunder, die Regenwolken haben ein Einsehen und verziehen sich. Mir wird es zu warm, ich gebe Marcus ein Zeichen die Regenjacken auszuziehen, aber er will erst seinen Rhytmus finden. Ich halte eine Kurve später an und verliere die beiden aus den Augen. Ich werde sie erst am Nachmittag in der Pension wiedersehen.

Ich fahre weiter und versuche meinen Puls bei 145 zu halten, das reicht am Passo Pordoi (Profil) für ca. 12 Km/h. Nur nicht übertreiben, der Tag ist lang. Es sieht wunderbar aus wie sich der bunte Lindwurm den Berg hinaufschlängelt. Langsam sortiert sich das Feld, die schnelleren gehen nach vorne. Ich überhole auch fleißig, werde aber auch überholt. Auf dem Paß ist es kalt, ich ziehe die Ärmling hoch, die Weste zu und dann geht es volle Kanne den Berg runter. Mit "Attenzione" Rufen bahne ich mir den Weg. Die Strecke ist zum Glück gesperrt, ich überhole bestimmt 200 Fahrer und fühle mich wie ein Profi bei der Tour. Ein geiles Gefühl, ich genieße es obwohl ich mich besser ausruhen sollte. Bevor es den Sella Paß (Profil) hochgeht esse, trinke ich und fülle den Camelbag. Der Anstieg hat es schon mehr in sich, es reicht nur noch für 11 Km/h. Einige schieben bereits hier ihr Rad, na die werden noch viel Spaß haben. Aufallend sind die vielen Defekte, zu 99,9% Plattfüße. Da so viele Radler unterwegs sind sieht man alle 10 Minuten einen Pechvogel.

Oben angekommen wird sich wieder warm angezogen, Kette rechts und Gummi. Einer hat wohl eine Kurve nicht bekommen und wird gerade von einem Sanitäter versorgt. Aber er steht auf eigenen Füßen. Die Auffahrt zum Grödner Joch (Profil) ist ebenfalls gigantisch. Dieses Dolomiten Massiv ist einzigartig. Ich schaue immer wieder nach rechts und links und staune. Nach einer weiteren tollen Abfahrt erreichen wir wieder Corvara, ich sitze auf meinem Rad fast wie auf dem Motorrad. Das Knie raus, der Hintern halb vom Sattel und voll in die Kurve. Die Zuschauer staunen, ich hätte es selber gerne gesehen. Die zweite Auffahrt zum Campalongo wird als Berzeitrennen gewertet. Ich muß mich aber Ausruhen und denke gar nicht daran, außerdem habe ich ja noch 50 schwere Km vor mir. Ich fülle am Paß nochmals meinen Camelbag und esse Bananen und Orangenstücke und fahre weiter zum Passo Falzarego (Profil) . Es geht die nächsten 12 Km mit durchschnittlich 7% bergauf und der Planet brennt inzwischen heftig. Mit meinen 145er Puls reicht es nur noch für 10 Km/h, also gebe ich noch 5 Schläge hinzu.

Ich habe mir für die Auffahrt einen Riegel aufgehoben, der vom Sponsor Enervit, Marke Kakao. Ich reiße die Verpackung auf und freue mich, denn dieser ist nicht so fest wie die beiden Powerbar-Riegel. Ich beiße hinein und kaue 2 mal und schmecke nur Chemie. Fürchterlich, eigentlich ungenießbar, aber ich befürchte ohne neue Power komme ich den Berg nicht ganz hoch. Ich ekel mir das Ding runter und kann nur jeden vor diesem Zeug warnen. Ich habe aber noch weitere Probleme, zum einen schmerzen mir die Oberarme so, daß ich alle 2 Minuten die Griffposition wechseln muß und zum zweiten muß ich alleine an diesem Berg 3-4 Mal meine Blase erleichtern. All die an denen ich mich vorher vorbeigekämpft hatte, ziehen nun wieder an mir vorbei. Vielleicht habe ich doch etwas viel getrunken, ich schätze insgesamt waren es 7 Liter. Aber lieber zuviel, als zu wenig. Auf dem Paß Falzarago wird zum letzten Mal Verpflegung aufgenommen, danach sind die Letzten 50 Hm zum Passo Valparola (Profil) dran. Der Wind bläst uns voll entgegen und ich schaffe mit Mühe 8 Km/h. Und wenn ich kotzen muss, ich steige nicht ab - dieser Gedanke läßt mich weitertreten. Als es endlich über die Kuppe geht bin ich total erleichtert.

Immer wieder ließt man in solchen Berichten Sätze wie "warum tue ich mir so etwas an", "brauche ich so etwas wirklich", "nie wieder mache ich so einen Quatsch mit". Solche Sätze sind mir nicht ein einziges mal in den Sinn gekommen, auch wenn es manchmal schwer war, der einzige Gedanke war, "nächstes Jahr nochmal, dann aber mit besserer Vorbereitung". Es liegen noch eine Abfahrt und eine leichte Auffahrt nach Corvara (Profil) vor uns. Ich bin happy und trete nochmal kräftig rein. Bald bekomme ich Krämpfe und muß die schnelle Truppe die mir Windschatten gab, erst mal ziehen lassen. Die folgende leichte Auffahrt ist nach 100 Km doch nicht so leicht und ich muß den einen oder anderen ziehen lassen. Ein paar überhole ich auch noch. So z. B. den ca. 12-13 jährigen Bengel mit spargeldünnen Beinen, ich staune nur über seine Ausdauer. Als mich dann aber ein etwas dicker Radler überholt, wird mein Ehrgeiz nochmal geweckt. Der Dicke zieht Meter um Meter weg und ich denke, der ist weg. Als ich auf die Zielgerade einbiege sehe ich den Dicken 30 m vor mir. Ich schalte sofort auf's große Blatt, gebe Vollgas und die Zuschauer klatschen. 10 m vor dem Ziel spurte ich an ihm vorbei freue mich als hätte ich gewonnen. Geschafft!

110 Km, 3030 Hm, das war die schwerste Tour meines Lebens, aber mir hat es Spaß gemacht. Es ist ein geiles Gefühl mit 7000 Gleichgesinnten, in einem Wunderschönen Gebiet, auf gesperrten Strecken, bei (zum Glück) Sonnenschein und guter Organisation eine Herausforderung zu bestehen, einen tollen Tag zu erleben - Herz was willst Du mehr?!?

Auf Wiedersehen bis 2006!!!

Man glaubt es nicht, ich habe mich aufgerappelt und trete die Pedale wieder. Für den 02.07.2006 habe ich mir jedenfalls einiges vorgenommen und mich mit einem 8-Wochen Trainingsplan gezielt vorbereitet. Seit Ende März bin ich etwas über 1800Km gefahren (zumeist mit Spass!!!).
Die 106Km / 3090Hm sollten eine lösbare Aufgabe darstellen. Allerdings kenne ich meinen aktuellen Leistungsstand nicht genau, daher wird es sicher eine Herausforderung.

Maratona dles Dolomiti 2006
Was soll ich sagen, es war einfach herrlich. Absolutes Kaiserwetter, nur morgens war es mit 7 - 8°C noch empfindlich kühl. Oli und ich fuhren den ganzen Weg zusammen, es sollte für uns beide ein Erlebnis und kein Kampf werden. Für Oli war es das erste Mal in den Bergen, er war überwältigt. Für mich war es ebenfalls wunderschön und wir stürzten uns voller Tatendrang ins Geschehen. Bis zum zweiten Pass musste ich Oli etwas zügeln, danach hatten wir uns eingespielt. Alles lief prima, keine Panne oder sonstiges (wenn man mal von Oli's Dixi Session absieht, die hat uns sicherlich 10 Minuten und 100 Plätze gekostet). Die Verpflegung hat sich leider noch nicht dem Startgeld (63€) angepasst, grüne Bananen gehören nicht in einen Sportlermagen. Dies ist allerdings auch der einzige Kritikpunkt! Dann kam der Passo Falzarego, die ersten 3/4 des Berges hätte ich locker davon ziehen können, ich fühlte mich 1A und musste mich schwer bremsen. Trotz meines Pulses von nur ca. 135 Schlägen überholten wir ständig andere Fahrer, nur selten wurden wir überholt. Leider bekam ich im letzte Viertel Magenprobleme. Entweder spielten mir nun die grünen Bananen oder die Energie Riegel einen bösen Streich. Die eigentlich kurze Rast am Falzarego gab mir den Rest, danach hatte ich Beine wie Blei und musste alle Überwindung aufbringen um den Passo Valparola erklimmen zu können. Oli hätte mich seinerseits hier böse abledern können.
Schwur / Eid / Versprechen: Die letzte Rast beim nächsten Mal unbedingt auslassen!!!
Dies nicht nur wegen der schweren Beine, sondern weil uns jede Menge Radler wieder überholen konnten und wir bestimmt weitere 100 Plätze verschenkten. Die restlichen 20Km lief dann so wie 2001 ab, nur überholten wir vorm Ziel nicht einen sondern 10 - 15 Radler die uns am Zielanstieg bereits überholt hatten. Durchs Ziel radelten wir Hand in Hand und holten unseren verdienten Applaus ab :) Vielleicht gibt es ein Wiedersehen, dann aber eventuell auf der großen Runde (135Km und 4500Hm), mal schauen...
Der Marathon mit meinen Werten im Streckenprofil